Die Dornenhecke und der stachelige Kaktus: Warum sagen wir mal das eine, mal das andere? Oder gibt es gar einen Unterschied? Natürlich gibt es den und dem gehen wir jetzt auf den Grund, und zwar so, dass du am Ende in den Garten gehen kannst und bei jeder Pflanze bestimmen kannst, ob sie Stacheln oder Dornen besitzt.

Klären wir zunächst mal die Frage, wozu manche Pflanzen überhaupt Stacheln oder Dornen ausbilden, welche Funktionen sie also haben.

Jeder von uns hat doch schon mal im Garten unbekümmert irgendwo ins Grün gegriffen und daraufhin ruckartig die Hand zurückgezogen, weil sich irgendetwas durch die mal wieder viel zu dünnen Handschuhe gebohrt hat: Dornen wie Stacheln dienen zum einen der Abwehr von Fressfeinden. Zum anderen können sie auch zum Festhalten dienen, zum Beispiel bei Kletterrosen oder Brombeeren. Wenn man mal genau hinschaut erkennt man auch, dass gerade die Stachelspitzen meist nach unten zeigen, was dem Festhalten natürlich dienlich ist (s. Bild rechts). Der Wasserhaushalt spielt auch eine große Rolle, dazu unten mehr.

Stachel einer Hundrose (Rosa Canina)

Eine mit Stacheln bewehrte Hundsrose (Rosa canina)

Abgebrochener Stachel einer Rose

Wo liegt nun der Unterschied? Schauen wir uns zunächst die Stacheln an: Sie werden von den „Hautzellen“ oder etwas tiefer liegenden Geweben auf der Sproßachse, also dem Stengel, gebildet. Sie sitzen aber nur auf der Sproßachse auf, weshalb sie sich auch einfach zur Seite wegbrechen lassen. Stacheln sind meist spitzer als Dornen. Stacheln altern, sie sind anfangs grün und weich, mit der Zeit verholzen sie und verfärben sich entsprechend, doch sterben sie nicht ab.

Bei Dornen verhält es sich etwas anders. Sie sind im Gegensatz zu den Stacheln fest mit den Versorgungsgeweben der Pflanze verbunden. Dornen können umgewandelte Blätter oder Triebe sein, man spricht dann von Blatt- oder Sproßdornen. Blattdornen schützen die Pflanze vor zu hoher Verdunstung: Die Pflanze kann ihre Blattmasse reduzieren, indem sie Dornen bildet. Weniger Blätter, weniger Verdunstung. Sproßdornen dienen vorrangig zur Abwehr von Fressfeinden. Es gibt noch weitere Formen wie Wurzel- oder Fruchtdornen, diese sind aber seltener zu finden. Blatt- oder Sproßdornen dagegen findet man häufig, die folgenden Bilder zeigen je ein Beispiel.

Sprossdornen am Weissdorn
Blattdornen an Berberitze

Sprossdorn an einem Eingriffeligen Weißdorn (Crataegus monogyna)

Blattdornen an einer Gewöhnlichen Berberitze (Berberis vulgaris)

Mit diesem Wissen kann man nun jede Party in Schwung bringen (Spoiler: nicht), denn wir haben in der Vergangenheit so ziemlich immer Dornen gemeint wenn wir von Stacheln sprachen und umgekehrt, denn: Ein Kaktus hat Dornen während jede Rose Stacheln hat, die Stachelbeere aber wiederum hat Dornen, weshalb sie Dornbeere heißen müsste. Und so weiter.

Wenn Stacheln und Dornen nun nahezu die gleiche Funktion haben, wieso stellt sich dann überhaupt die Frage: Stacheln oder Dornen? Würde dann nicht eines von beiden reichen? Wahrscheinlich schon, allerdings sind wir immer noch in der Biologie und hier spielt die Evolution eine Hauptrolle. Somit sind Stacheln und Dornen räumlich und zeitlich unabhängig voneinander zu den entsprechenden Umweltumständen entstanden und heute finden wir beides vor. Die Reaktion beim Griff in dornen- oder stachelbewehrtes Grün mit zu dünnen Handschuhen dürfte bei beiden aber ähnlich sein. 

Tipp: Für beide Piekser gilt: Einheimische Gehölze mit Stacheln oder Dornen bieten Vögeln Schutz vor Katzen und sind deshalb gut geeignete Vogelbrutgehölze, so zum Beispiel Weiß- und Schwarzdorn.